Dieser Artikel wurde ursprünglich auf ync.li veröffentlicht, einem Projekt von Staufis.

Gerade jetzt, wo die Einführung einer digitalen Zentralbankwährung und die damit einhergehende Abschaffung des Bargelds rasant voranschreiten, ist es wichtiger denn je, das Thema zu betrachten. Und das beinhaltet, die Position des Mainstream zu verstehen, sowie zu verstehen, wieso der Wandel hin zu digitaler Währung passiert. Des Weiteren sollte diese Entwicklung allgemeiner als nur durch die Analyse bestimmter konkreter Fakten – beispielsweise wer welche Entscheidungen trifft – betrachtet werden, da man ansonsten Gefahr läuft, den Wald – die allgemeine Entwicklung unser Zeit – vor lauter Bäumen – Fakten, Staaten, Firmen, Organisationen, Personen, etc. – nicht zu sehen. Denn ja, der Wald besteht aus Bäumen; es versteht sich von selber, dass die allgemeine Entwicklung unserer Zeit nicht eine Sache an sich ist, losgelöst von der Welt, sondern aus den ganzen Fakten besteht, die wir tagtäglich sehen und auf die sich Diskurs oftmals beschränkt. Auch soll das nicht heißen, dass man nicht über die Fakten sprechen sollte, doch sollte man das Bild des Waldes dabei im Kopf haben. Denn wer nicht weiß wo er ist, wird sich auch schwer tun, akkurat über Fakten zu sprechen, die sich in diesem ‚wo‘ befinden.Also ja: Bargeld ist Unfreiheit, wenn man den Begriff Freiheit durch die Linse des Mainstream betrachtet. Und genau diese Sichtweise von ‚Freiheit‘ ist es auch, welche oftmals auf eine subtile, unsichtbare Art und Weise jeglichen Diskurs zu diesem, aber auch vielen weiteren Themen, entgleisen lässt. Man verliert sich in Seitengassendiskussionen, anstatt über die impliziten Annahmen, welche einen dort hinein verleiten, zu sprechen. Aber es sind selbstverständlich nicht nur die Annahmen – wo man denkt, dass man ist –, sondern auch Ziele und Wünsche, welche Diskussionen manchmal ausarten lassen.

 

Zuerst gilt es Bargeld und digitale Zentralbankwährung (auch ‚central bank digital currency‘, kurz CBDC) an sich zu betrachten, und die Unterschiede klar auf den Tisch zu legen. Denn Phrasen wie ‚Bargeld ist Freiheit‘ oder ‚digitale Zentralbankwährung führt zu totaler Kontrolle‘ sind zwar schön und gut, erlauben aber kein Verständnis der Situation. Dabei will ich hier ebenfalls nicht auf zu viele konkrete Details eingehen, sondern eher einen abstrakten Überblick darlegen, der vielleicht an der einen Stelle offensichtlich wirkt, an einer anderen vielleicht nicht so sehr. Dabei geht es hauptsächlich darum, dass Bargeld materiell, physisch in der echten Welt existiert, CBDC aber nicht. Dabei ist das natürlich nur die Repräsentation der Währung, wobei der Wert des Geldes an anderer Stelle ‚entsteht‘. Darum soll es hierbei aber nicht gehen, da Bargeld wie wir es kennen Fiat Geld ist, und daher an der Stelle der Schöpfung bereits komplett zentralisiert ist, ebenso wie CBDC. Doch bei der Form sieht man die Pfade klar divergieren: Bargeld ist ein Objekt in der echten Welt und als solches nicht weiter (komplett) kontrollierbar, da niemand die Realität beherrscht. Die Regeln der echten Welt sind ‚gottgegeben‘, niemand kann sie ändern; jedoch kann es natürlich innerhalb dieser Regeln Kontrolle geben. Anders steht es nun aber bei digitaler Zentralbankwährung: diese existiert nur im digitalen Raum, welcher vollkommen kontrollierbar ist.

Die vernetzte digitale ‚Welt‘ wird nicht umsonst als Matrix bezeichnet1. Sie simuliert die echte Welt, ist jedoch vollkommen plastisch, änderbar, kontrollierbar, überwachbar. Das Digitale abstrahiert jegliche Regeln der echten Welt hinfort – was, das will ich an dieser Stelle erwähnen, jedoch nur mit einer Reduktion an ‚Dimension‘ möglich ist. Die Basis dessen bilden einfache mathematische Axiome, die durch die Hardware umgesetzt werden – Zahlen, die als Nullen und Einsen kodiert und durch Addition, Multiplikation, UND-Verknüfung und weitere Operationen verändert werden –, welche aber durch ausreichende Quantität eine entsprechende Komplexität erreichen können, um reale Sachverhalte widerzuspiegeln und abzubilden. Die Matrix besteht folglich aus Informationen, welche beliebig gespeichert, verändert und vermittelt werden können, wodurch jedoch nur Dinge innerhalb der Matrix existieren können, welche sich auf diese rein informationelle Ebene abbilden lassen. Eine Währung kann letztendlich auch auf eine sehr komplexe Ansammlung an Informationen heruntergebrochen werden: Wer besitzt zu welchem Zeitpunkt wie viel von der Währung, wer überträgt wem welchen Anteil seines Besitzes und so weiter.

Die Sichtweise der Matrix als Simulation kann man nun auch auf das bisherige Fiatgeldsystem anwenden, in dem es ja bereits ‚digitales Geld‘ gibt, wobei jedoch jeder digitale Euro theoretisch durch einen echten Euro gedeckt sein sollte. Was hier wichtig zu erkennen ist, ist, dass digitales Fiatgeld nicht in sich abgeschlossen ist, da es quasi nur eine bequemere Art und Weise ist sein Bargeld zu verwalten. Man gibt es einer Bank und über die als Schnittstelle kann man dann damit interagieren. Und wenn man möchte, kann man sich sein Bargeld jederzeit wieder als solches auszahlen lassen. Und während diese Ebene der digitalen Verwaltung per se bereits viel Kontrolle und Überwachung ermöglicht, sind die Möglichkeiten davon beschränkt und greifen nur, wenn der Mensch sich dazu entscheidet, diese digitale Schnittstelle in Anspruch zu nehmen. Das Ganze ist dezentral und erlaubt vor allem keine technische Beschränkung und Kontrolle der Währung an sich. Es kann beispielsweise keine Geldbeträge geben, die nur für bestimmte Zwecke ausgegeben werden können, denn solch eine Beschränkung lässt sich mittels Bargeld nicht umsetzen. Die Möglichkeiten der Kontrolle werden entsprechend durch die reale Welt außerhalb der Matrix beschränkt, in welcher Fiat Geld primär existiert. Denn über die echte Welt hatte bisher niemand ausreichend große Kontrolle, um eine Währung zu etablieren, welche unfreier als das Bargeld welches wir kennen ist. Der Staat versucht es selbstverständlich mit Gesetzen und Strafandrohungen, soll heißen, er versucht zu regeln wie Geld benutzt werden darf, in dem er beispielsweise Schwarzarbeit verbietet und Steuerhinterziehung bestraft2. Und das ist eine Regelung des Gebrauchs von Geld, denn man darf dementsprechend Geld nicht gegen Waren oder Dienstleistungen tauschen, ohne die entsprechenden Steuern zu zahlen. Aber diese Macht kennt klare Grenzen, da beispielsweise die Polizei begrenzt ist und es nicht möglich ist, die komplette Welt zu überwachen, beziehungsweise, die Daten aus so einer Überwachung auszuwerten. Durch die nur schwer und bedingt zu begrenzende Form des Bargelds, als Objekt in der echten Welt, ist es also nur möglich Missbrauch zu verbieten, aber niemals möglich ihn vollkommen und grundsätzlich zu verhindern.

Wenn man bloß Kontrolle über die echte Welt hätte … Leider geht das nicht, aber etwas ist möglich, was fast genau so gut ist: eine Simulation der echten Welt, in der sich so viel Relevantes wie möglich abspielt, welche man dann nur noch aus der echten Welt ansteuern kann, jedoch ohne in dieser eine unkontrollierbare Parallele zu finden. Es sind des Weiteren nicht nur die Aspekte der Kontrolle und Überwachung, welche die digitale Welt vorteilhaft erscheinen lassen, sondern auch beispielsweise Überlegungen der Sicherheit. Denn digitale Systeme können beweisbar sicher sein, mitunter dadurch, dass sie nicht auf der niemals abzählbaren Unendlichkeit der echten Welt beruhen3, sondern auf einer mathematischen Abstraktion, in der entsprechend mathematische Gesetze gelten und die Anzahl der Möglichkeiten quantifizierbar und berechenbar ist.

So viel also zu einer Betrachtung des fundamentalsten Unterschieds zwischen Bargeld und digitaler Zentralbankwährung. Nun stellt sich die Frage, was das letztendlich bedeutet. Wie bereits erwähnt ist so etwas wie Schwarzarbeit nur möglich, wenn es Bargeld gibt4. Aber ist das gut? Sollte es so etwas geben? Oder ist das etwa ‚unfair‘ oder moralisch verwerflich? Weiter noch: deckt sich das, was richtig ist, mit dem, was das Gesetz erlaubt? Und ist das Gesetz nur (noch) dazu da, um Ordnung zu schaffen? Ist ‚richtig‘ demnach nur ein Synonym für ‚ordentlich‘? Und letztendlich: ist Freiheit, das tun zu können was man will, oder ist es nur die Menge an Möglichkeiten, die einem offenstehen? Das sind die Fragen, die man in diesem Kontext stellen muss, um den Unterschied zwischen der Sichtweise, dass ‚Bargeld Freiheit ist‘ und der, dass ‚CBDC uns freier macht und Bargeld Unfreiheit ist‘, verstehen zu können5.

Wenn alles das, was außerhalb des Gesetzes steht, falsch ist, muss auch jeglicher Nutzen von Bargeld, der sich auf Freiheit bezieht, und nicht rein auf praktikable Aspekte der Handhabung abzielt, seinen Inhalt verlieren. Vielmehr tritt dann das Gegenteil ein und die Gründe, die für Bargeld sprechen würden, eben weil es einem einen größeren Grad an Freiheit erlaubt – tun zu können was man will, abseits von dem, was erlaubt oder verboten ist –, werden zu Gründen warum es abgeschafft werden sollte, da diese Freiheit sich nicht mit dem deckt, was erlaubt ist, und demnach auch nicht mit dem was ‚richtig‘ ist. Soll heißen: Argumente die behaupten Bargeld sei gut, da es beispielsweise Schwarzarbeit ermöglicht, werden zu Argumenten gegen das Bargeld, wenn man die Grundlage von gut und schlecht ändert, beziehungsweise mit dem Gesetz identifiziert. Denn wenn Schwarzarbeit illegal ist, und alles Illegale schlecht ist, muss auch Schwarzarbeit schlecht sein; transitiv muss dann auch folgen, dass all das, was Schwarzarbeit ermöglicht schlecht ist – wie eben auch das Bargeld.

Dieser Punkt lässt sich noch sehr viel weiter führen. Heute ist das Gesetz fast nur noch dazu da, Ordnung zu schaffen, und verliert zunehmend den Anspruch für Gerechtigkeit zu sorgen. Wenn man nun Freiheit in Verbindung mit technischem Fortschritt bringt, indem man den Begriff so verdreht, so dass er nur noch die Menge an Möglichkeiten bezeichnet; wenn man das so sieht, und dann betrachtet, dass Ordnung eine Voraussetzung für technischen Fortschritt darstellt, dann kann man nur zu der Schlussfolgerung kommen, dass alles was Ordnung im Weg steht damit auch technischem Fortschritt im Weg steht, und damit der Freiheit im Weg steht. Und da das Gesetz Ordnung darstellt, ist all das, was gegen das Gesetz ist, auch gegen die Freiheit. So in etwa funktioniert die Herleitung der Thesen des Mainstream. Nun ist der wichtigste Punkt an dem man einhaken und Kritik äußern kann der, dass technischer Fortschritt zu Freiheit führt. Diese Sichtweise ist in einem gewissen Sinne valide, da Freiheit sich dabei auf eine Freiheit der ‚Gesetze‘ bzw. Gegebenheiten der Realität bezieht, wenn man so will. Das Flugzeug macht den Menschen demnach freier, da es ihm erlaubt ‚Gesetze‘ der Distanz zu überwinden. Eine Lampe macht den Menschen freier, da sie ihm erlaubt unabhängig von der Sonne Helligkeit zu erzeugen. Aber auch alles was Zeit ‚spart‘ macht den Menschen nach dieser Sichtweise freier, da es ihm hilft, die zeitlichen Beschränkungen der Welt zunehmend zu minimieren – ein Geschirrspüler macht den Menschen freier, weil es ihm erlaubt sein Geschirr sauber zu bekommen, aber dafür weniger Zeit als sonst zu benötigen und entsprechend mehr Zeit frei zu haben.

Der springende Punkt ist nun, dass diese Freiheit nicht ohne Weiteres existiert, sondern eine bestimmte Art an Gesellschaft benötigt, welche zwangsweise die Freiheit des Individuums beschränken muss um existieren zu können. Und die Freiheit, die beschränkt werden muss, ist von einer anderen Ordnung als die Freiheit, die man durch technischen Fortschritt erreicht. Soll heißen: technischer Fortschritt hat einen bestimmten Wirkungsbereich, fordert aber, dass Dinge außerhalb diesem beschränkt werden. Das kann man bildlich verdeutlichen, durch Höhe und Breite: die technische Gesellschaft muss das Leben stets weiter verflachen, um in die Breite wachsen zu können – Quantität (Breite) statt Qualität (Höhe). Somit wird alles zwar gleicher, aber auch gleichzeitig ‚besser‘ (was technische Aspekte betrifft). Das geht natürlich Hand in Hand, was man beispielsweise beim Thema Standardisierung klar sehen kann, denn Technik funktioniert (ab einer gewissen Größe) strikt nicht ohne Standardisierung, also ohne Gleichheit. Das ist für uns so offensichtlich und selbstverständlich, dass wir nie bewusst darüber nachdenken. Es ist klar, dass die Gleise von Zügen überall gleich breit sein müssen, alles andere führt zu Problemen. Das gleiche gilt für den Straßenverkehr, für Containergrößen bei Schiffen, bei Flugverkehr, aber auch bei Computern – deswegen konvergiert alles auf USB-C, es ist einfach am effizientesten nur eine Art an Stecker zu haben. Doch auch beim Thema Sprache kann man das gleiche beobachten: alle sprechen Englisch, weil man damit mit jedem kommunizieren kann.

Eine vollständige Diskussion wieso die technische Gesellschaft die Freiheit des Individuums beschränken muss, führt an dieser Stelle wohl zu weit und soll an anderer Stelle erörtert werden.

Wenn Freiheit aber nun nicht nur die Menge an technischen Möglichkeiten bezeichnen soll, was soll sie dann bedeuten? Hierbei unterscheidet man nun oftmals zwischen innerer und äußerer Freiheit, wobei es hier primär um die äußere Freiheit gehen soll, da Geld nicht wirklich etwas mit dem eigenen Innenleben zu tun hat, sondern ja eben etwas Äußerliches ist. Und wie bereits erwähnt, sind diese Dinge so offensichtlich, dass man nie darüber nachdenkt: wenn ich einem Freund Geld geben will, dann gibt es nichts und niemanden der mich darin hindern kann, ihm einen fünf Euro Schein in die Hand zu drücken. Die Möglichkeit ein Objekt, so wie es Bargeld eben auch ist, von hier nach da zu bewegen kann erstmal durch nichts beschränkt werden. Aber natürlich gibt es Dinge die das Potenzial haben, die Ordnung der Gesellschaft so weit zu stören, dass enorme Mengen an Ressourcen aufgewandt werden, um zu versuchen, sie zu unterbinden. Beispielsweise wird versucht das ‚Bewegen‘ von illegalen Drogen oder Waffen zu unterbinden; das gleiche gilt für Menschenhandel. Aber auch die Einfuhr von Waren wird, wenn zwar nicht unterbunden, so dennoch kontrolliert und möglichst genau überwacht. Doch das ist stets ein Kampf gegen die Natur der Dinge. Hingegen anders verhält es sich in der Matrix, der digitalen Simulation (von beispielsweise Geld), in der die Natur der Dinge eben von Grund auf bestimmt und definiert wird, um für Ordnung zu sorgen. Durch korrekte Konstruktion muss man nie einen Kampf gegen diese Natur führen um seine Ziele zu erreichen, beispielsweise Ordnung im Falle des Staates und CBDC. In dem einen Fall ist alles möglich, außer das, was unmöglich gemacht wird, in dem anderen Fall ist nichts möglich, außer das, was ermöglicht wird. Das Maximum dessen ist logischerweise dann erreicht, wenn alle externen Faktor ausgeschaltet wurden, und nur noch das bleibt, was man selbst geschaffen hat – so ist es bei einer digitalen Matrix der Fall.

Nun muss wohl kaum dazu gesagt werden, dass nur weil man Bargeld erhalten will, beziehungsweise man diese Art an Freiheit die es einem gibt beibehalten will, das nicht bedeutet, dass man illegale Dinge tun möchte. Aber dieser Punkt ist heutzutage zunehmend schwierig bis hin zu unmöglich zu verargumentieren. Denn es ist ein untechnischer Punkt ohne praktische Begründung. Es gibt natürlich praktische Gründe die für Bargeld sprechen, doch diese stehen im Schatten des übergroßen prinzipiellen Punkts, dass man nicht unter dem Daumen des Staates oder großer Konzerne leben möchte. Und dem werden stets die immer gleichen technischen Argumente entgegengehalten, dass wenn man nichts zu verbergen hat, man auch nichts zu befürchten hat, dass der Staat ja nur unser Besten möchte, manchmal noch mit einer Prise demokratischer Rechtfertigung à la „sonst würde die Politiker ja niemand mehr wählen“ und so weiter. Doch einerseits ist der prinzipielle Punkt an sich schon ausreichend – für Menschen existieren ja auch nicht-technische Argumente und Gründe. Und andererseits haben die Corona-Maßnahmen ganz genau gezeigt, was von heute auf morgen passieren kann. Ein Glitch im System? Wohl kaum. Viel mehr anonyme Massengesellschaft, Notwendigkeit und technische Möglichkeit gepaart mit demokratischer Korruption. Und dieser Punkt geht so viel tiefer als nur „Bargeld ist wichtig weil ‚das System‘ bei der nächsten Plandemie sonst noch mehr Druck ausüben kann“. Denn grundsätzlich muss die gesamte technische Gesellschaft in Frage gestellt werden – eben die Gesellschaft, in der der Mensch weder Mensch sein kann noch Mensch sein darf, sondern auf ein Zahnrad heruntergestuft wird, das Arbeit nach Vorschrift zu verrichten hat, konsumieren soll was ihm vorgesetzt wird und nicht nach rechts noch links schauen darf; doch noch viel schlimmer: dass der Mensch von heute gar nicht schauen will, und auch, dass er gar nicht mehr sein will, als ein Zahnrad im Getriebe.

Wenn es nun darum geht, warum das Bargeld stetig weiter verdrängt wird, liegt hierin bereits die Antwort: immer weniger Menschen interessieren sich dafür, sondern sind mit dem zufrieden, was Staat, Konzerne und die technische Gesellschaft als Ganzes bereit stellen. Das liegt einerseits an einer Anpassung dieser Gesellschaft an den Menschen – ein triviales Beispiel sind Sicherheitsvorkehrungen für Angestellte, oder auch z. B. ‚mental health workshops‘; aber auch das ‚Fallenlassen‘ von nicht systemkritischen Tabus gehört hier dazu6 –, und andererseits an einer Anpassung des Menschen an die technische Realität, in der er sich wiederfindet – beispielsweise indem er seinen Schlafrhythmus nach der Uhr richtet (wieder einmal etwas, über das man nie nachdenkt). Beides führt dazu, dass der Mensch zufriedener in seiner Situation ist und dadurch weniger nach Wegen außerhalb des offiziellen Rahmens sucht. Die Freiheit, welche einem Bargeld gibt, verliert damit ihren Sinn und Zweck, wenn alles wonach der Mensch sich sehnt bereits durch die offiziellen und erlaubten Freiheiten abgedeckt wird. Dieser Prozess der Anpassung erfolgt sehr schleichend; die Cannabis-Legalisierung ist ein gutes Beispiel dafür: etwas, was viele Menschen wollen, oder gar brauchen, wird vorsichtig in offizielle Bahnen gelenkt und legalisiert.

Aber auch wird das Bargeld zunehmend sinnloser, je mehr sonstige Umstände diese Art der Freiheit beschränken; beispielsweise funktioniert Schwarzarbeit nur mit gegenseitigem Vertrauen zwischen beiden Parteien, welches aber zunehmend seltener wird, je anonymer die Gesellschaft wird. Und andererseits spielen technische Aspekte eine zentrale Rolle. Als konkretes Beispiel kann man eine Heizung betrachten: einen einfachen Holzofen kann man, wenn man sich mit der Thematik auskennt, einfach reinigen, instand setzen, reparieren und so weiter; man kann als der Mensch der man ist ohne weiteres eine Dienstleistung vollbringen, die in sich geschlossen ist, und wofür man dann unkompliziert eine Vergütung erhalten kann, von der der Staat nichts wissen muss. Anders sieht es jetzt aber aus, wenn die Quelle der Wärme zunehmend komplexer wird – beispielsweise mit Wärmepumpen –, denn damit geht einerseits notwendiges technisches Know-How einher, aber viel wichtiger andererseits Dinge wie Lizenzen, Versicherungen, Garantien, aber auch notwendige technische Werkzeuge, die vielleicht sogar vom Hersteller autorisiert sein müssen und so weiter. Das Gleiche sieht man überall sonst auch; ein weiteres Beispiel sind Autos, die zunehmend elektrischer und dadurch immer schwieriger zu reparieren werden. Je höher der Lebensstandard wird, desto technischer wird alles, desto höher sind die Kosten von allem, desto mehr will man sich auch gegen alles Mögliche absichern, desto mehr wird man in diese ganze technisch anonyme Gesellschaft hineingesogen – und damit verliert auch das Bargeld zunehmend seine Bedeutung. Versicherungen braucht man nicht bar zahlen – wozu auch? Die Unbequemlichkeit des Bargelds kann man auch umgehen, wenn der Kauf sowieso ‚offiziell‘ ist. Und hier will ich nochmal erwähnen: hier geht es nicht um Schwarzarbeit und Steuerhinterziehung per se, sondern sie sollen als ein Beispiel für das Bestreben dienen, unabhängiger vom Staat und von der Gesellschaft zu existieren. Auch will ich all das nicht zwangsweise gutheißen, oder implizieren, dass etwas richtig ist, nur weil es nicht Teil ‚des Systems‘ ist, denn so ist es nicht. Man ist offensichtlich nicht gegen ‚das System‘, nur weil man illegale Dinge tut. Wenn überhaupt möchte ich positive Faktoren gutheißen, die mit Bargeld zusammenhängen, wie beispielsweise zwischenmenschliches Vertrauen, welche in der heutigen Gesellschaft zunehmend abnehmen.

Diese Perspektive der Ursachen steht gewissen Sichtweisen des kritischen Spektrums entgegen, zumindest oberflächlich. Oftmals wird postuliert, dass die Abschaffung des Bargelds und die Einführung einer komplett digitalen Währung ein Plan von bestimmten Eliten sei. Dabei will ich in keiner Weise leugnen, dass es Menschen und Gruppen gibt, die diesen Trend vorantreiben – diese gibt es selbstverständlich. Doch sie sind nur ein Symptom der Gesellschaft und besitzen keine wahre Macht; vielmehr haben sie den Trend erkannt und nutzen ihn zu ihrem Vorteil – sie reiten die Welle. Ist das moralisch verwerflich? Darüber kann man sicher diskutieren. Jedoch ist es wohl ein Fehler, die Reiter der Welle mit Entstehungs- oder Fortbestandsursachen dieser zu verwechseln. Am einfachsten kann man das sehen indem man sich fragt, ob bestimmte ‚mächtige‘ Personen oder Gruppen denn auch die Macht hätten, in die gegenteilige Richtung zu gehen – könnte jemand, der bisher stets auf der Seite von Big-Pharma stand, auf einmal deren Abschaffung vorantreiben? Auf lange Sicht wohl kaum, da nicht die Person an sich relevant ist, sondern ihre relative Stellung, ihre Kontakte und ihr Kapital. Daher bestimmt der Rahmen zwangsweise den Inhalt, also die Meinungen und Entscheidungen der Person. Das Gleiche gilt auch für Politiker und Firmenchefs. Sie müssen die besten Entscheidungen treffen – das bedeutet die technischen Entscheidungen –, da sie ansonsten von den Institutionen, für die sie Entscheidungen treffen, ersetzt werden. Institutionen, die keinen solchen Mechanismus besitzen, laufen Gefahr, durch schlechte Entscheidungen der Spitze früher oder später unterzugehen – der Prototyp des unreflektierten Firmenchefs, der seine eigene Firma aufgrund seines Egos zugrunde richtet, und nicht ersetzt werden kann weil er alleiniger Inhaber ist, kommt einem in den Sinn. In Bezug auf das Bargeld bedeutet das, dass der, der Bargeld vorzieht, im Endeffekt Ineffizienz wählt, da bessere Mittel und Techniken zur Verfügung stehen; das gilt sowohl auf Ebene einer Firma wie auch auf Ebene des Staates. Und wer Ineffizienz will, will nicht das Beste und wird früher oder später entfernt werden. Entsprechend ist die Meinung von Führungskräften und ‚Machthabern‘ uniform für CBDC – es ist einfach effizienter und besser.

Wenn man dann zurückkehrt zu der Argumentationskette die oben erörtert wurde, wird einem schnell bewusst werden, dass die Sprache sich an die Realität anpasst, oder auch, dass sie angepasst wird, durch Propaganda. Aber auch das hat wieder wenig mit Verschwörungen zu tun, sondern ist eine natürliche Entwicklung der Gesellschaft. Niemand möchte unfrei sein, und wenn sich der Zustand der Freiheit des durchschnittlichen Menschen nicht ohne Weiteres ändern lässt – sowohl von Seiten der Gesellschaft und des Staates, aber auch auf Ebene des Menschen an sich –, dann muss sich eben der Begriff der Freiheit anpassen. Die Verwirrung kann dann im Endeffekt so groß sein, dass man denken kann, dass die Freiheit, die Bargeld einem gibt, etwas ist, was der Staat freiwillig gewähren wird. So kommt es beispielsweise zu Petitionen für den Erhalt des Bargelds, welche aber nur ineffektive Kritik an einer volldigitalen Währung äußern können, wie beispielsweise, dass alte Menschen damit nur schwer zurechtkommen werden und solche Dinge. Bei Corona war es das Gleiche: an den Maßnahmen zu kritisieren, dass der eigene Konsum eingeschränkt wird, ist ineffektiv, da die technische Gesellschaft früher oder später eine Lösung für solche Probleme finden wird, da sie im Rahmen der Technik liegen. Und ja, eine Lösung wurde gefunden: Masken, Tests, Impfungen – wie wunderbar! Bei den Impfungen (und bei den anderen Maßnahmen auch) wurde wiederum mit ineffektiver Kritik angesetzt: sie sind unerprobt, sie könnten zu gesundheitlichen Problemen führen und so weiter. Wenn doch aber das Kernproblem war, dass man dazu gedrängt wurde etwas zu tun, das man nicht tun wollte und von dem man nicht die Notwendigkeit für sich selber sah.

Es ist klar, dass Bargeld nicht ein isoliertes Thema für sich ist, sondern mit allem anderen zusammenhängt. Wie bei einem kranken Körper zeigen sich die Symptome an verschiedenen Stellen und es ist selten ein einzelner Faktor, welcher zu schwerwiegenden Krankheiten führt. Letztendlich stellt sich dann jedoch die Frage, wie man mit diesen Symptomen umgeht, wenn man selber nicht die Möglichkeit hat, die Ursache vollständig zu lösen. Ich denke nicht, dass ein metapolitischer Kampf für das Bargeld Früchte tragen wird, dazu ist die Masse zu massiv und digitale Währung zu bequem und effizient. Dennoch halte ich es für wichtig bar zu zahlen, da das, was man tagtäglich macht, Teil der eigenen Identität ist. Wenn man sich selber von der Technik versklaven lässt, und nicht in der Lage ist, diese zu überwinden, wie kann man das dann von anderen fordern?

 
 
 
 
Ich denke, das bereits Geschriebene beschreibt die Situation ausreichend und ist für eine praktische Betrachtung vom Hier und Jetzt im Kontext der Gesellschaft zutreffend. Doch sollte der Titel nicht ‚Klickbait‘ sein und er ist ganz bewusst nicht in Anführungszeichen gesetzt. Denn es ist sehr wohl meine Ansicht, dass Bargeld Unfreiheit ist, denn Bargeld ist Geld.

Geld ist eine Abstraktion von Wert; man will reale Dinge, wie z. B. Arbeitsaufwand oder auch Materielles, auf einen Wert, eine Zahl herunterbrechen, um somit einfacher handeln zu können. Technik ist auch hier wieder ein Aspekt, beispielsweise geht Geld immer mit Standardisierung einher und in jeder physischen Währung gibt es Münzen in verschiedenen Wertigkeiten, da sie so praktischer oder überhaupt erst praktikabel ist. Beziehungsweise ist ja Geld und dessen Nutzung an sich technisch und standardisierend, denn alles Käufliche wird nur noch in einer Dimension gemessen: dem Geldwert.

Ein nebensächlicher Aspekt davon ist, dass es nie möglich ist den wahren Wert von etwas zu ermitteln, man kann sich immer nur annähern. Geld hat demnach nichts mit Wahrheit zu tun, denn auf die Frage wie viel etwas wert ist, gibt es keine wahre Antwort, sondern Geld funktioniert nur im sozialen Kontext – es ist nie frei von den Bedingungen, die es hervorrufen.

Doch der wichtigste Punkt ist, dass Geld als Grundannahme Misstrauen hat. Wenn man dem Gegenüber vertraut, benötigt man nicht jetzt sofort einen Wertausgleich, sondern dieser kann auch später in der Zukunft erfolgen. Und wenn man seinem Gegenüber komplett vertraut, kann man diesen Wertausgleich auch einfach in die unendliche Zukunft verschieben – wodurch man auch aufhören kann mitzuzählen, wer wem wie viel schuldet. Wenn des Weiteren niemand mehr auf seinen eigenen Vorteil achtet, sondern man dem anderen hilft, weil man ihn mag – und man weiß, dass dieser das umgekehrt ebenso tun wird –, dann braucht es auch kein Geld mehr, da man dann Vertrauen hat, nicht ausgebeutet zu werden und die ‚Energie‘ früher oder später ‚zurückzubekommen‘. Vertrauen ist hier also der zentrale Punkt.

Und es ist fast schon unnötig zu sagen, dass das in einer anonymen Massengesellschaft nicht funktioniert. Einerseits kann man so fast gar nicht mehr leben, man braucht nun mal Geld um in der Gesellschaft zu existieren (selbst wenn man ein eigenes Haus hat muss man Grundsteuer bezahlen). Andererseits schaut jeder zunehmend auf seinen eigenen finanziellen Vorteil – ergibt auch Sinn, wenn man glaubt, dass Geld glücklich macht –, wodurch Vertrauen in andere oft als naiv angesehen wird und man dadurch aber leider auch oft enttäuscht wird. Allgemein denke ich, dass Zahlen zwischen Menschen nichts zu suchen haben – Geld, Zeit, etc. –, wobei das aber nur im freundschaftlichen und familiären Kontext funktionieren kann – doch das soll an anderer Stelle ausgeführt werden.

Das alles hat aber auch mit der eigenen inneren Freiheit zu tun: ist man frei von äußeren Bedingungen, nimmt Geld eine zunehmend unwichtigere Rolle ein. Wenn man von Geld abhängt um sich beispielsweise ständig abzulenken, dann ist Geld natürlich wichtig. Doch wenn man es nur soweit braucht, soweit es eben für die (gesellschaftliche) Existenz wichtig ist – Wasser, Essen, Dach überm Kopf –, dann verliert es in einem Kontext, in dem der Gegenüber einem helfen würde, diese Dinge sicherzustellen, seinen Sinn. Einem Freund, der einen schlimmstenfalls auch bei sich übernachten lassen würde, muss man nicht misstrauen und jeden geliehenen Cent sofort zurückfordern, wenn einem Dinge die über diese Grundbedürfnisse hinausgehen unwichtig wären7 – das ist denke ich alles intuitiv verständlich und klar.

Mein Punkt hier ist jedenfalls, dass Geld Notwendigkeit reflektiert, und man, wenn man frei genug ist, diese überwinden kann. Demnach bedeutet jedes Geld Unfreiheit, auch das Bargeld.


  1. Oft auch in Anlehnung an den Film ‚Die Matrix‘↩︎
  2. An dieser Stelle will ich bereits erwähnen, dass das mit keinerlei Wertung einhergeht.↩︎
  3. An dieser Stelle will ich dazu sagen, dass sie das natürlich faktisch schon tun, da die zugrunde liegende Hardware in der echten Welt existiert. Und wer direkten Zugriff auf diese hat, kann damit auch oft Software Sicherheit umgehen. Doch das sind eher theoretische Überlegungen, welche in der Realität weitestgehend irrelevant sind.↩︎
  4. Cryptowährungen wie Monero bieten theoretisch ebenfalls Nichtnachverfolgbarkeit und Anonymität. Das ist aber komplexe Technologie, welche entsprechend nur in Nischen verwendet wird und wohl nie gesamtgesellschaftliche Relevanz erlangen wird.↩︎
  5. Diese Diskussion findet ihre Parallelen in vielen anderen Themen unserer Zeit, beispielsweise auch beim Thema der Corona-Maßnahmen.↩︎
  6. Auch beim Thema Tabus spielt der Begriff der Freiheit natürlich eine wichtige Rolle.↩︎
  7. Das ist selbstverständlich nicht schwarz-weiß, sondern das alles befindet sich auf einer Grauskala.↩︎

Dieser Artikel wurde ursprünglich auf ync.li veröffentlicht, einem Projekt von Staufis.