Sonne und Wolken

Kevin vom Team Freiheit Trier greift zum Mikrofon und löst die intellektuellen Töne der Sängerin und Ärztin Perin Dinekli mit stürmischem Après-Ski ab; das Abschlussfest des ersten Tages ist auf seinem Höhepunkt. Ein paar Sturmböen hatte es auch am Morgen gegeben, als sich unser Pavillon samt Roll-Up kurzzeitig für einen Flugdrachen hielt. Nachdem wir ihn mit viel Gaffertape gebändigt hatten, konnten wir uns wieder den zahlreichen neugierigen Passanten widmen. Es herrscht reges Interesse an der einzigen Initiative speziell für junge Leute, die sich über Pfingsten auf der zweitägigen Veranstaltung Hambacher Fest 2025 der Demokratiebewegung FreiEinig präsentiert.

Am ersten Tag, dem Fest der Initiativen, stellen sich ca. zwei Dutzend Initiativen aus ganz Deutschland vor. Am zweiten Tag geht es in den Fußstapfen des Hambacher Festes vom 27. bis 30. Mai 1832 hinauf zum Hambacher Schloss. Damals kamen Freiheitsliebende aus ganz Europa, um republikanische und demokratische Reformen zu fordern; zum ersten Mal wehten viele schwarz-rot-goldene Flaggen (häufig noch mit anderer Anordnung der Farben) als ein Symbol der Einheit und Befreiung Deutschlands. Auch dieses Jahr sieht man viel schwarz-rot-gold und auch internationale Gäste, vor allem aus Frankreich, sind zugegen.

In den engen Gassen des malerisch gelegenen Städtchens Neustadt an der Weinstraße bleiben nicht wenige Menschen stehen und fragen uns über Stauf: Wofür wir stehen und was wir machen. Die meisten sind erfreut, dass es noch kritisch-denkende Studenten an Universitäten gibt (Anmerkung: Stauf richtet sich an alle jungen Menschen); etwas, das für viele in ihrer Jugend eine Selbstverständlichkeit gewesen war. Sie nehmen gleich noch ein paar Flyer mehr mit, um sie an junge Menschen in ihrem Bekanntenkreis weiterzuverteilen. Auch einige Verfechter von Ideen auf Regierungslinie, wie der schleichenden Bargeldabschaffung zur Bekämpfung illegaler Aktivitäten, lassen sich auf ein Gespräch ein. Neben den vielen Privatpersonen besuchen auch alternative Medien unseren Stand. Es kommt zu zwei Interviews, einmal mit dem freien Journalisten Mathias Tretschog (sein Bericht bei Freie Presse News, Interview), zum anderen mit dem im nahegelegenen Mittelhessen ansässigen Kanal freidenken_tv (Interview, Telegram).

Diese Interviews sind eine entspannte Abwechslung zu der äußerst harschen, teilweise unzutreffenden, Berichterstattung, die von Seiten der etablierten Medien, insb. in der lokalen Zeitung RheinPfalz, kam. Grundlage hierfür war ein Vortrag des Historikers Dr. Kristian Buchna vor dem Neustädter Stadrat in der Vorwoche. Herr Buchna, wissenschaftlicher Mitarbeiter der von allen staatlichen Ebenen finanziell geförderterder Stiftung Hambacher Schloss, bespielt gekonnt das Repertoire der Kontakt-Schuld und der Verwechslung von Kritik an der israelischen Regierung bzw. bestimmten radikal-zionistischen Forderungen und Antisemitismus, um FreiEinig selbigen vorzuwerfen und in die Nähe von Reichsbürgern zu rücken, die angeblich genau das Deutschland von 1871 ohne Frauenrecht und samt der „Reichslande Elsaß-Lothringen“ zurückfordern. Antisemiten suchten wir indes vergeblich auf der Veranstaltung und auch ein Entsetzen bei den anwesenden Franzosen über vermeintliche Angriffe auf die territoriale Integrität ihres Landes konnten wir nicht spüren.

Nun kommt der zweite Tag. Bei der Auftaktveranstaltung auf dem Marktplatz werden wir kurzzeitig vom Regen durchnäßt. Das tut unserem Elan jedoch keinen Abbruch. Fröhlich ziehen wir mit unseren Stauf-Fahnen los. Bald kommt auch die Sonne hervor und begleitet uns bis hinauf bis zum Schloss. Der Weg ist vereinzelt garniert mit Neustadt bleibt bunt-Bannern in einem Kindergartenstil. Sie wurden wohl – finanziert durch Steuergelder – überall in Stadt und Umland verteilt. Ansonsten dürfen wir den schon an Italien erinnernden Charm der Dörfer und der Landschaft um Neustadt bewundern. Dieses Jahr steht dem Demozug auch das Schlossgelände offen. In Vorjahren blieb es tabu, um nicht offizielle Gedenkveranstaltungen für das Volk vom Pöbel beeinträchtigen zu lassen. Oben angekommen, kommt gleich wieder ein kurzer Regenschauer. Nun wird das Hambacher Fest mit gelungenen Beiträgen wie einer Rede des stellvertretenden Vorsitzenden der Freidenker Klaus Hartmann oder einer Version des Deutschlandliedes gedichtet und interpretiert von Diether Dehm abgerundet. Daneben dürfen wir Bekanntschaft mit dem Altersgenossen und freien Journalisten Florian Zender (Telegram, YouTube) schließen.
Auch nach der Veranstaltung gibt es noch positive Überraschungen: Die Polizei gibt allem Anschein nach eine korrekte Teilnehmerzahl bekannt (380 seien am Schloss angekommen). Und die Mittelhaardter Rundschau, eine Regionalausgabe der RheinPfalz, schreibt einen im Grunde objektiven Artikel. Hoffen wir, dass bis zum 200sten Jahrestag im Jahr 2032 solche Ansätze Schule machen und die ganze Gesellschaft erfassen. Danach lasst uns alle streben!