Der Mund trocken, die Augen träge, der Geist blass und ermüdet. Meine Worte, welche ich dem aktuellen Zeitgeist gerne wie mit einem Vorschlaghammer ins Gesicht schlagen möchte, verstummen allmählich durch Wahn, Fassungslosigkeit, Zorn und Scham. Sie schwinden dahin wie eine Quelle in der Hitze der Sahara. Es drückt mehr und mehr aufs Gemüt und wird zunehmend schwerwiegender, Worte für die geistige Flutwelle aus der Kanalisation des Zeitgeistes ertragen zu müssen. Sagt, bin ich denn alleine mit dem Gefühl, dass unser Zeitgeist verdorben wurde? Kann ich auch nur ein Gran Zustimmung von euch Lesern ernten? Ich würde dies nicht verfassen, wenn ich andrer Meinung wär. Ob es Gendern, bipolare Geschlechterpolitik, Klima- und Weltuntergangshysterie, Feminismus, Anti-Familien-Propaganda, Kinderhass, Woke-Diversität oder eben den Umgang mit dem Killervirus betrifft. Ich denke, ein jeder von uns wird vom Messer der unnatürlichen Politik heutiger Tage durch unsere Generation, vom Mainstream sowie der Politik von mindestens einem dieser Dinge an den Nerven getroffen.

Man möge ver-zweifeln an diesem Gefühle, man kommt sich überkommen, klein und einfach müde vor. Man versuche, einen Schneeball aufhalten zu wollen, der schon so viel Masse gewonnen habe, dass sie die eigene weit übersteigt. Und doch sage ich euch: Bleibt standhaft. Bleibt aufrecht und haltet den Boden unter euren Füßen fest. Wenn sich keiner dem Schneeball entgegenstellt, wer sonst vermag ihn zu bremsen? Lasst ihn nicht so groß werden, dass er noch mehr überrollt, das Dorf am Ende des Hügels zertrümmert. Wer es für nötig hält, weicht eben auch mal aus. Doch jene, welche Entschlossenheit in sich tragen, die sollten diese auch zeigen.

Da nach Kritik und Zweifel auch immer Lösungen und Wege folgen sollten, habe ich eine, welche ich vorzustellen vermag. Wer sich allerdings mit dem aktuellen Zeitgeist verbunden fühlt, ihn für eine gute gesellschaftliche Entwicklung hält, keine Bedenken hegt, der wird in meiner Lösung keinen Nutzen für sich finden. Ihm werde man wohl nicht helfen können, wenn er sich jetzt auch nicht zu helfen weiß, obgleich ich all jene gut spreche, welche aus Interesse weiterlesen werden…

„Man nennt den einen Freigeist, welcher anders denkt, als man von ihm aufgrund seiner Herkunft, Umgebung, seines Standes und Amtes oder aufgrund der herrschenden Zeitansichten erwartet.“ (Friedrich Nietzsche, Menschliches Allzumenschliches, 225 Abschnitt) Freigeist. Diesen relativen Begriff prägte wohl kein anderer als Nietzsche in seinem Buch Menschliches Allzumenschliches (1880) – ein Buch für freie Geister. Mein favorisierter Begriff, wenn es gegen unseren Zeitgeist geht. Ähnlich wie „Querdenker“, welcher vor einigen Jahren noch ein positiv behafteter Begriff war. (Ein Einstein und einen Precht nannte man ebenfalls „Querdenker“.) Heute ist „Querdenker“ kein ansehnlicher Begriff. Ein Produkt der Medien, ein Hetzbegriff, um politisch mit einem Wort anzugreifen. Es ist – auch wenn wir es anders sehen mögen – eine Anfeindung und ein Messer, gegen uns selbst gerichtet. Der Freigeist hingegen, ist ein Orden, welchen sich ein jeder selbst mit Stolz auf die Brust einnähen kann. Er stellt sich gegen die gesellschaftlichen Entgleisungen, setzt sich für den Menschen ein, er denkt nicht nur „quer“, nein, er denkt schärfer – er denkt frei. Frei vom Zeitgeist, frei vom Mainstream, frei von Moral, frei von Regeln. Er nutzt die höchste Höhe der Meinungsfreiheit, welche eine westliche (Schein-)Demokratie heutzutage bieten kann. Denn, so schreibt Nietzsche weiter: „Bei der Erkenntnis der Wahrheit kommt es darauf an, dass man sie hat, nicht darauf, aus welchem Antriebe man sie gesucht, auf welchem Wege man sie gefunden hat.“

Vor einigen Monaten hatte ich ein (Streit-)Gespräch mit einer älteren Dame unter vier Augen. Sie ist deutlich über 80 Jahre jung und traf mich mit folgender Aussage an meinem Verstand: „Wenn Idioten sich nicht an die Regeln der mehrheitlichen Gesellschaft halten möchten, dann sollen sie doch in den Wald gehen! Dort können sie tun und lassen, wie es ihnen beliebt. Auch wenn nicht alle Regeln sinnvoll erscheinen, so soll man sich trotzdem an diese halten, an die Gesellschaft anpassen! Gegen die Gesellschaft sollte man sich nicht wehren.“ Eine sehr intelligente und fitte Frau, welche sogar noch Hitler erlebte, konnte solche Sätze mit angeregt rötlichen Gesicht über die Lippen stemmen. Man wird immer wieder vom Leben überrascht. Abgesehen vom Ekel, der mir bei dieser Aussage immer noch zu schaffen macht, stehe ich gegen frommen Gehorsam, und jegliche moralische „Pflicht“ belächle ich nur mit freundlicher Abweisung. Ich denke, dass auch der Freigeist prinzipiell dagegen steht. (Man vergesse nicht, dass er ein relativer Begriff ist.) Man stelle sich eine Gesellschaft vor, in der niemand der Mehrheit der Gesellschaft widersprechen darf. Ich träume böse, wenn ich daran denken muss. Ohne Freigeister ist eine Gesellschaft dem Untergang geweiht und rollt den roten Teppich direkt in den Abgrund hinab, ohne es zu merken. (Le Bon – die Massenpsychologie, Uniformität und der Tod des Individuums seien hier kurz erwähnt.) „Haben die Freigeister recht, so haben die gebundenen Geister unrecht, gleichgültig, ob die Ersteren aus Unmoralität zur Wahrheit gekommen sind, die anderen aus Moralität bisher an der Unwahrheit festgehalten haben. – Übrigens gehört es nicht zum Wesen des Freigeistes, dass er richtigere Ansichten hat, sondern vielmehr, dass er sich von dem Herkömmlichen gelöst hat, sei es mit Glück oder mit einem Misserfolg. Für gewöhnlich wird er aber doch die Wahrheit oder mindestens den Geist der Wahrheitsforschung auf seiner Seite haben: Er fordert Gründe, die anderen Glauben.“ Für Nietzsche als Philosoph war also auch damals schon die Wahrheitsfindung wichtiger, ungeachtet der Gebundenheit zur Moral. Dabei darf sich ein Freigeist freilich auch irren! Denn das ist nur menschlich, allzumenschlich.

Ich bin mit ihm hier einer Meinung. Freigeister sind Anzeichen von einer höheren Kultur und nicht von niederer und unsere Kultur beginnt seit über 100 Jahren in Dekadenz zu versinken, deren Höhepunkt, ironischerweise, immer tiefer zu sinken droht. Weder die Reichen noch die Ausländer, nicht der Staat, weder die Nazis noch die Feministen sind am Niedergang unserer Kultur Schuld. Einzig und allein sind all diejenigen Schuld, welche sich nicht dagegen stemmen. Ich frage: seid ihr der Antrieb gegen diese Dekadenz oder möchtet ihr euch dagegen wenden? Tragt den Freigeist nach außen, seid tapfer und traut es euch, ihn zu zeigen wie einen Orden auf eurer linken Brustseite.